So klang Freiheit
Ein Rückblick auf den Flashmob zum Reformationsjubiläum
von Elisabeth Klemm
Allerorten wird in diesem Jahr Martin Luthers und der Reformation gedacht. Für einen Kirchenchor liegt es nahe, sich mit dem musikalischen Aspekt dieses Ereignisses zu beschäftigen. Unser Kirchenmusiker Georg Ammon hatte die Idee, innerhalb eines Jahres an 95 Orten der Stadt – passend zu den 95 Thesen - mit einem musikalischen Kurzprogramm „wie ein Blitz aufzutauchen“ und ebenso schnell wieder zu verschwinden – eben wie ein Flashmob.
Der Johannes- und Rosenbergkirchenchor war die feste Größe, zu der sich an den verschiedenen Treffpunkten der Stadt weitere SängerInnen gesellten. Besonderes war es, dass der Kirchenchor Renningen seinen Jahresausflug mit dem Flashmob an der Schwab-/Rotebühlstraße verband und mit einem gut geprobten Chorsatz angereist kam. Wir haben aber auch in Degerloch bei sehr schlechtem Wetter mit sieben Personen ein Doppelquartett minus eins gesungen. Jeder Flashmob endete mit dem Segensspruch: „Sola gratia. Einen Engel wünschen wir allen, die ohne Grund lächeln, aus Gottes Grazie allein.“
Und wir haben tatsächlich Menschen jeden Alters zum Lächeln gebracht: die beiden Kleinkinder, die von unserem Singen in Degerloch so begeistert waren, dass ihre Mütter stehen bleiben mussten, um bis zum Ende zuzuhören. Oder die Bewohner des Augustinum am Killesberg, die ob der ungewohnten Töne weit ihre Fenster öffneten, um uns zuzuhören und uns zum Schluss ein fröhliches Dankeschön zuriefen. Manche haben auch ein wenig den Kopf geschüttelt, weil sie sich nicht vorstellen konnten, was das Ganze für einen Sinn haben könnte. Dadurch kamen wir auch immer wieder mit Passanten ins Gespräch, die wissen wollten, für wen oder was wir demonstrieren würden.
Es gab auch die andere Seite, wenn unser „Luthersingen“ nicht auf so angenehme Situationen traf – die Cafébesucher, die sich trotz unseres Singens kein bisschen in ihrer Unterhaltung stören ließen, als wir wegen des schlechten Wetters dort Zuflucht suchten. Oder die Leiterin des Rotebühlzentrums, die uns trotz des behördlichen Erlaubnisscheins nicht in ihrem Foyer dulden wollte und unser Singen fast als Hausfriedensbruch ansah. Aber auch ihr wünschen wir einen Engel, der ohne Grund lächelt, aus Gottes Grazie allein.
Manchmal gab es auch Irritationen wegen der Wahl des Standorts. Wir haben uns am Schloßplatz gefunden, obwohl es entgegen der Ansage kein Reiterstandbild dort gibt. Auch die Fragen, auf welcher Seite der U-Bahnhaltestelle man wieder an die Oberfläche kommt, ist im Vorfeld nicht immer präzise zu beantworten. Letzten Endes sind wir immer zurechtgekommen und haben mit zunehmender Freude gesungen, gesprochen und gedankt. Ich denke, es war für jeden, der irgendwann einmal mitgemacht hat, eine neue Erfahrung und wird uns in Verbindung mit dem Reformationsjahr in Erinnerung bleiben.